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Die Plattform wird zur Norm

In seinem Beitrag im Branchenmagazin «Persönlich» schreibt Wim Roelfs, Studio Lead Zürich bei Accenture Song, weshalb digitale Ökosysteme zum neuen Standard der Digitalisierung werden und welche zentrale Rolle dabei die Agenturen übernehmen.

Früher sagten wir über die Zukunft oft: Jedes Geschäftsmodell wird ein digitales Geschäftsmodell sein. Was wir damit meinten, war, dass neue Technologien und Daten die Unternehmen, ihre Prozesse und ihre Wertschöpfung grundlegend verändern. Im Mittelpunkt stand die Frage: Wie kann das Unternehmen durch Technologie besser werden?

Heute wissen wir, dass Investitionen in Technologie aus einem «traditionellen» Unternehmen noch keinen Digitalplayer machen. Die wirklich erfolgreichen Geschäftsmodelle sind nämlich nicht nur digital und datenbasiert, sondern sie beruhen auf Plattformen und Ökosystem. Auf diesen kommen unterschiedliche Anbieter mit ihren Anwendungen zusammen. Alles dreht sich um die Frage: Wie kann ich die Bedürfnisse der Menschen durch Technologie noch besser abdecken?

Jetzt werden Sie denken: Nicht schon wieder so ein Hype. Fakt ist, dass bereits heute von den zehn grössten Unternehmen der Welt acht als Plattform-Player unterwegs sind. Einige Prognosen deuten darauf hin, dass bis Ende des Jahrzehnts etwa 70 Prozent der Wertschöpfung in Unternehmen aus Plattform-Geschäftsmodellen stammen wird.

Der Grund dafür ist ganz einfach: Wer die Wünsche seiner Kunden und Kundinnen ernst nimmt, kommt an digitalen Ökosystemen nicht mehr vorbei. Sie ermöglichen eine herausragende Nutzererfahrung – oder «Erlebnisse» – und verbinden einzelne Services verschiedener Player in einer Art und Weise, dass sie für Menschen den grösstmöglichen Nutzen haben. Und wo ein klarer Nutzen ist, da ist auch die Bereitschaft dafür zu zahlen hoch.

Die erfolgreichsten digitalen Ökosysteme bieten allerdings weit mehr als «nur» eine gute Nutzererfahrung; sie setzen neue Standards in ihrem Bereich und prägen damit die Erwartungshaltung der Kundinnen und Kunden. Einige Beispiele: Netflix hat das Streaming neu erfunden, Amazon ist der Massstab für Online-Shopping, Apple begeistert mit der Verbindung von mobilen Endgeräten und eigens darauf abgestimmten digitalen Services.

In der Schweiz mögen digitale Ökosysteme zwar noch in den Kinderschuhen stecken, aber es gibt bereits erste Vorzeigeprojekte. Accenture hat beispielsweise ein Konsortium aus zwei Krankenversicherern, einer Versand-Apotheke und einer Telemedizin-Anbieterin bei der Entwicklung der Gesundheitsplattform Well unterstützt. Well hat das Ziel, zu dem digitalen Zugang für Gesundheit in der Schweiz zu werden.

Raus aus dem Anbieter-Wirrwarr

Die neue Plattform setzt bei einem Problem an, das wohl jeder von uns kennt: Wer E-Health-Dienste nutzt, findet viele verschiedene Anbieter vor. Alle haben ihre eigenen digitalen Anwendungen, manche Prozesse sind weiterhin papierbasiert, die Verarbeitung und Speicherung der Daten ist oft nicht transparent genug. Und wer 30 Apps auf dem Smartphone installieren muss, die ständig mit Push-Nachrichten auf sich aufmerksam machen, wird schnell den Spass an solchen Diensten verlieren.

Well bringt Versicherer und Leistungserbringer im Schweizer Gesundheitswesen auf einer gemeinsamen und offenen Plattform zusammen. Die Idee dahinter ist einfach: Alle Schweizer und Schweizerinnen sollen zukünftig nur eine Anwendung nutzen können, die sie bei allen Aspekten ihrer eigenen Gesundheit unterstützt. Das reicht von der Vorsorge – wie etwa Tipps für bessere Ernährung und mehr Bewegung – über die erste Selbstdiagnose bei Symptomen, die anschliessende telemedizinische oder persönliche Beratung durch Ärzte bis hin zur Kommunikation mit Versicherern.

Diese Plattform ist bewusst offen und unabhängig gestaltet; denn nur wenn möglichst viele Anbieter aus unterschiedlichen Bereichen die Plattform nutzen, entsteht die gewünschte Nutzererfahrung für Patientinnen und Patienten. Versicherer, Ärzte und Apotheken sind alle Teil dieses Ökosystems.

Im Alltag bietet das viele Vorteile: Wer etwa ein Medikament verschrieben bekommt, erhält das elektronische Rezept auf das eigene Nutzerprofil übermittelt und kann es direkt auf der Plattform an eine Apotheke weitersenden und dann in der Nähe abholen oder bequem nach Hause liefern lassen. Die Abrechnung über die Versicherung ist bereits geregelt, da diese ebenfalls an die Plattform angeschlossen ist. Bei einer Überweisung an einen anderen Arzt können Gesundheitsdaten mit wenigen Klicks geteilt werden – bei voller Kontrolle über die eigenen Daten.

Und welche Rolle spielen Agenturen?

Das Beispiel von Well zeigt sehr eindrücklich, welche Vorteile digitale Ökosysteme für die Nutzerinnen und Nutzer haben. Aus einem fragmentierten Prozess wird ein einheitliches Nutzererlebnis, bei dem sich alles um die Bedürfnisse der Patienten und Patientinnen dreht. Für Agenturen stellt sich nun die Frage: Und welche Rolle spielen wir beim Aufbau solcher Ökosysteme? Die Antwort ist klar: Die Experten für Marketing und Werbung sind die «Kundenversteher» schlechthin. Sie wissen, welche Bedürfnisse Menschen haben, weil sie seit Jahr und Tag dazu Untersuchungen machen. Sie verstehen, wie nutzerzentriertes Design und herausragende Erlebnisse zusammenhängen. Sie arbeiten ständig an neuen Piloten und MVPs, holen das Feedback der Nutzer und Nutzerinnen ein, und sorgen dafür, dass die Plattform nie veraltet wirkt.

Während die Unternehmen sich in der Plattformwirtschaft auf die Innovation von Geschäftsmodellen konzentrieren, sind die Agenturen für die Innovation der Experience zuständig. Nur wenn beides zusammenkommt, werden digitale Ökosysteme wirklich erfolgreich sein.

Ich bin mir sicher, dass digitale Ökosysteme zum neuen «Standard» der Digitalisierung werden. Umso wichtiger ist es, dass alle Akteure – Agenturen, die Unternehmen, potenzielle Ökosystempartner – jetzt eng zusammenarbeiten. Das Potenzial ist gross; und die Zukunft hat gerade erst begonnen.

>>> Der Artikel steht unter diesem Link auch als PDF zur Verfügung.

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LSA Live Talk – Digital Business Transformation

LEADING SWISS AGENCIES diskutiert in der neuen Live-Talk-Serie «Digital Business Transformation» über Trends und Best Cases zu digitalen Themen zusammen mit Expert:innen, Kund:innen und Agenturen. Der Live Talk zeigt auf, wie neue Technologien in der Praxis Einzug halten und welche Chancen sich für die Kommunikationsbranche eröffnen. Der Talk findet regelmässig statt und gibt digital-interessierten Marketers Einblick in wegweisende Praxisfälle von LSA-Agenturen und ihren Kunden.

Den ersten Live Talk zu digitalen Eco-Systemen kann man bereits jetzt unter www.lsa-live.ch abrufen. Weitere Live Talks folgen. Es ist keine Registrierung nötig.

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