Die Kommunikationsbranche befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel, bei dem Nachhaltigkeit eine zunehmend zentrale Rolle spielt. Vor diesem Hintergrund hat der Verband der führenden Schweizer Kommunikationsagenturen, LEADING SWISS AGENCIES (LSA) im letzten Jahr ein Klimaschutzpaket ins Leben gerufen, das den Mitgliedsagenturen Orientierung und praktische Werkzeuge bietet, um ihre Geschäftsprozesse klimaschonender zu gestalten.
Raphael Bühler, CEO und Partner von Bühler & Bühler, spricht im Interview über die ersten Schritte der Agentur auf diesem Weg, die Herausforderungen der Zertifizierung durch ClimatePartner und die langfristigen Vorteile, die damit verbunden sind. Seine Erfahrungen verdeutlichen, wie Agenturen nicht nur Verantwortung übernehmen, sondern auch ihre Wettbewerbsfähigkeit durch nachhaltiges Handeln stärken können.
Kannst du uns deine Rolle bei Bühler & Bühler und insbesondere im Klimaschutz-Projekt vorstellen?
Als CEO und Mitinhaber bin ich primär zuständig für strategische Fragen, die Akquisition und alles, was mit Finanzen und Personal zu tun hat. Die Kooperation mit ClimatePartner ist ein wichtiges strategisches Projekt zur Positionierung der Agentur. Aus diesem Grund habe ich mich dem angenommen und es von Anfang bis Schluss mit fleissigen Helferinnen koordiniert.
Wie kam es dazu, dass die Agentur den Prozess einer CO2-Bilanzierung mit ClimatePartner gestartet hat?
Das hat zwei sehr unterschiedliche Gründe: Einerseits wollen wir unseren Beitrag für eine lebenswerte Zukunft leisten – auch wenn das Zutun einer Agentur unserer Grösse eher gering ist. Andererseits werden Labels und Zertifizierungen wie diejenigen von ClimatePartner zunehmend wichtiger bei öffentlichen Ausschreibungen. Sie sind wohl bald Pflicht.
Welche Schritte waren für die Bilanzierung notwendig?
Streng genommen war es nach dem Einführungsgespräch nur ein Schritt, aber dafür ein sehr aufwändiger: Und zwar das Berechnen unseres CO2-Fussabducks. ClimatePartner stellt hierfür ein intuitives, umfassendes digitales Berechnungstool zur Verfügung. Sind alle Eingaben durch uns gemacht, werden diese von ClimatePartner geprüft und validiert. Trotz aller Bemühungen um Vermeidung und Reduktion bleiben Emissionen übrig. Für diese Emissionen übernehmen wir Verantwortung, indem wir ein international zertifiziertes Klimaschutzprojekt finanziell unterstützen. Dieses können wir aus dem ClimatePartner-Portfolio auswählen. Für jede Tonne ausgestossenes CO2 bezahlen wir einen entsprechenden Betrag in dieses Projekt.
Gab es Herausforderungen oder Schwierigkeiten während des Bilanzierungsprozesses? Wenn ja, welche?
Sagen wir es so: primär waren es Fleissarbeit und lange Recherchen. Als Schwierigkeiten würde ich diese nicht bezeichnen. Aber für eine exakte Berechnung der Emissionen sind sämtliche Aktivitäten, Ausgaben, Einkäufe oder Reisen der Agentur entscheidend. Jede Bahnfahrt, jede Online-Bestellung und jedes Essen – gar mit der Unterscheidung, ob mit oder ohne Fleisch. Alle, die eine Agentur leiten oder zumindest den administrativen Bereich, können sich vorstellen, dass diese Zahlen nicht einfach so aus dem System zu ziehen sind. Der Initialaufwand ist also nicht zu unterschätzen.
Welche positiven Erfahrungen wurden im Zuge der Zertifizierung gemacht?
Ob das jetzt positiv ist oder nicht: Wir haben für einmal schwarz auf weiss gesehen, für was wir wieviel Geld ausgeben – auf die Getränkedose, die Visitenkarte und das A4-Papier genau. Das war aufschlussreich, teils sogar leicht erschreckend. Und natürlich ist das Ergebnis der Bilanzierung das eigentlich Wichtige: Wir sehen nun, wo die Hotspots der von uns verursachten Emissionen liegen und können an entsprechenden Reduktionsmassnahmen arbeiten.
Wie hat sich der Prozess der Zertifizierung auf die Agentur und deren Arbeitsweise ausgewirkt?
Im ersten Jahr hat das noch keine Auswirkungen. Der erste Schritt bestand lediglich aus der mit Hilfe von ClimatePartner realisierten Berechnung der Emissionen. Danach beginnt die eigentliche Arbeit auf Agenturebene: die Vermeidung und Reduzierung von Emissionen. Und dies hat eventuell Auswirkungen zur Folge. Ich rechne jedoch nicht mit drastischen Einschränkungen. Ein paar Stellschrauben konnten wir bereits ausmachen: weniger Fleisch konsumieren, elektronische Geräte noch länger am Leben erhalten, durchgehend Ökostrom verwenden und nur noch LED-Leuchten einsetzen. Vieles machen wir bereits richtig. Wir haben beispielsweise keinen Agentur-Fuhrpark (nur ein e-Auto) und minimieren Fahrten ohnehin auf die unvermeidlichen. Unser Handlungsspielraum ist ehrlich gesagt überschaubar – vor allem, weil wir eingemietet sind und auf gewisse Faktoren schlicht keinen Einfluss haben.
Wie haben die Mitarbeitenden auf die Initiativen und Veränderungen im Rahmen der Zertifizierung reagiert?
Frag mich in einem Jahr wieder. Aber ich denke, sie werden damit umgehen können, jeden Abend die Bildschirme abzustellen und auch mal das eine oder andere Glas Wasser, anstatt Toni Mate zu trinken. Auf die Arbeitsprozesse hat die Zertifizierung eigentlich keine Auswirkung.
Wie werden euer Klimaschutzengagement und die ClimatePartner-Zertifizierung nach aussen kommuniziert?
Wir kommunizieren dies bei Wettbewerbs- und Kundenpräsentationen und auf unserer Website über einen kurzen Erfahrungsbericht. Natürlich können wir überall auch mit dem offiziellen Label «ClimatePartner zertifiziertes Unternehmen» arbeiten.
Was kann anderen Agenturen geraten werden, die ebenfalls eine CO2-Bilanzierung anstreben?
Sich bewusst sein, dass sich die Recherche der erforderlichen Zahlen drastisch vereinfacht, wenn man seine administrativen Hausaufgaben bereits im Vorfeld gewissenhaft und detailgetreu erledigt.
Wie sehen die zukünftigen Pläne und Ziele im Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz aus?
Wir wollen uns primär in Bezug auf die Emissionen verbessern, der Sportsgeist ist geweckt. Eventuell müssen wir uns zusätzlich mit dem Ecovadis-Zertifikat auseinandersetzen. Je nachdem, wie sich der Beschaffungsmarkt hier entwickelt. Das werden wir genau beobachten.
Welche Wünsche und Verbesserungsvorschläge gibt es für den Bilanzierungsprozess?
Eigentlich keine. Wir fanden den Prozess äusserst effizient und klar.
Was sind deine Key Learnings?
Einerseits gilt es, im Kleinen anzufangen, vor allem in Sachen Stromverbrauch. Andererseits – und das ist leider etwas ernüchternd – stammen fast zwei Drittel der Emissionen aus Quellen, die wir selbst nicht beeinflussen können. Wenn der Vermieter mit Öl heizt, sind uns die Hände gebunden. Zu guter Letzt aber hat mir der ganze Prozess die Augen darüber geöffnet, in welchen Bereichen wir als Gesellschaft noch viel Aufholbedarf haben. Das war sehr aufschlussreich.